Der Journalismus steht aufgrund von Digitalisierung, Ökonomisierung und Polarisierung der Gesellschaft zunehmend unter Druck. Die Anforderungen, die an Berufseinsteiger:innen gestellt werden, sind daher besonders hoch. Sie müssen mithalten mit dem dynamischen Wandel der Medienmärkte, unter neuen Arbeitsbedingungen anpassungsfähig bleiben und dabei versuchen, das Vertrauen ihres Publikums zu gewinnen. In meiner Bachelorarbeit habe ich untersucht, inwieweit sich die Absolvent:innen des Instituts für Journalistik auf diese Herausforderungen vorbereitet fühlten.
„Gut“, antwortete rund die Hälfte der 102 befragten Absolvent:innen des Studiengangs Journalistik, „sehr gut“ etwa ein Drittel.
Rückblickend würden knapp 85 Prozent der Absolvent:innen noch einmal Journalistik an der TU Dortmund studieren.
Doch welche Berufsaussichten bieten sich den Absolvent:innen nach dem Studium? Ein Großteil von ihnen, gut 84 Prozent, fand im Anschluss an das Studium eine Beschäftigung im Journalismus, etwa als Reporter:in oder Redakteur:in. Hauptarbeitgeber ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk. Dort arbeiteten etwa 43 Prozent der Befragten nach ihrem Abschluss. Rund 36 Prozent waren bei privatwirtschaftlichen Medienunternehmen tätig.
Arbeiten alle Journalist:innen selbstständig?
Die freiberufliche Arbeit gilt als typisch für den Journalismus. Insbesondere unter dem Eindruck der zunehmenden Ökonomisierung der Medienmärkte verstärkte sich diese Tendenz in den vergangenen Jahren. Denn durch die Beschäftigung freiberuflicher Mitarbeiter:innen versuchen die Medienunternehmen Geld zu sparen. Wie Thomas Hanitzsch, Josef Seethaler und Vinzenz Wyss 2019 in ihrem Buch „Journalismus in Deutschland, Österreich und der Schweiz“ feststellten, führe dies nicht nur zu einer schlechteren Bezahlung journalistischer Arbeit, sondern auch zu unsichereren Zukunftsaussichten und fehlender sozialer Absicherung.
Überraschenderweise ergab meine Befragung in Teilen jedoch ein anderes Bild: Etwas mehr als die Hälfte der befragten Journalistik-Absolvent:innen war demnach bei ihrer ersten beruflichen Tätigkeit nach Abschluss des Studiums festangestellt. Auch in Bezug auf das Einkommen kann der Abwärtstrend nicht bestätigt werden. Etwa 37 Prozent der Absolvent:innen gaben an, sehr zufrieden mit dem aktuellen Einkommen zu sein, 52 Prozent waren eher zufrieden. Ihre eigenen Karrierechancen schätzten die Teilnehmenden ebenfalls positiv ein. Knapp 62 Prozent hielten sie für gut, 23,5 Prozent sogar für sehr gut.
PR statt Journalismus?
Doch nicht alle Absolvent:innen entschieden sich nach dem Studium für den Journalismus. Knapp 13 Prozent begannen nach ihrem Abschluss eine Tätigkeit im Bereich der Presse- und Öffentlichkeitsarbeit oder des Marketings.
Ihre Entscheidung gegen den Journalismus begründeten die Teilnehmenden vor allem mit schwierigen Arbeitsbedingungen. Konkret nannten sie zum Beispiel hohen Konkurrenzdruck, ungünstige Arbeitszeiten, fehlende soziale Absicherung und geringe Bezahlung. An dieser Stelle lässt sich eine Tendenz zur Prekarisierung journalistischer Arbeit, von der in der wissenschaftlichen Beobachtung der Branche gesprochen wird, bestätigen. Andere Befragte gaben an, schlichtweg mehr Gefallen an einer alternativen Tätigkeit gefunden zu haben.
Lehrredaktionen sind wichtiger Bestandteil des Studiums
Neben den Berufswegen der Absolvent:innen zielte die Befragung auch darauf ab, die im Studium erworbenen Kompetenzen in Erfahrung zu bringen. Aus dem Modulhandbuch des Studiengangs wurden insgesamt acht Kompetenzbereiche herausgefiltert, auf deren Erwerb die Studieninhalte abzielen. Die Teilnehmenden sollten jeweils bewerten, wie gut ihnen diese vermittelt worden sind. Mit Abstand am besten abgeschnitten hat dabei die journalistische Ethik. Ein Teilnehmer schrieb:
„Ich fand das Studium insgesamt wirklich sehr gut und habe das Gefühl, dass wir einige Skills gelernt haben, die in anderen Ausbildungswegen im Journalismus eher kürzer kommen, z.B. Medienrecht oder Medienethik […].“
Ebenfalls überwiegend positiv bewertet wurde die Vermittlung des journalistischen Handwerks und des redaktionellen Arbeitens. Beide Bereiche sind vor allem in den Lehrredaktionen Bestandteil der Ausbildung. Die Antworten der Befragten zeigen, dass die Lehrredaktionen einen erheblichen Beitrag zum Erfolg des Studiums beitragen – und einige einen Ausbau dieser für wünschenswert halten. Ein Absolvent schrieb:
„Ich denke, dass weiterhin viel Wert daraufgelegt werden sollte, dass ein großer Teil des Bachelor-Studiums in Lehrredaktionen verbracht werden sollte. […]"
Ausbau digitaler und unternehmerischer Kompetenzen gewünscht
Zu den Kompetenzen, bei denen die Befragten Verbesserungsbedarf sehen, zählen digitale und unternehmerische Kompetenzen. Angesichts der dynamischen Entwicklungen der vergangenen Jahre fühlen sich nicht alle Absolvent:innen ausreichend auf die aktuellen digitalen Anforderungen in ihrem Beruf vorbereitet. Besonders beim Umgang mit Social Media gaben viele der Teilnehmenden an, zu wenig darüber gelernt zu haben.
Einige Befragte hätten sich im Studium eine intensivere Vermittlung von Kompetenzen gewünscht, die sie als freiberufliche Journalist:innen brauchen. Ihnen fehlte demnach etwa eine Anleitung, um Steuererklärungen zu erstellen, eigene Themen an Redaktionen zu verkaufen oder sich als Selbständige:r zu versichern. Eine Teilnehmerin schrieb dazu:
„[…] Das klassische Handwerk, das uns gelehrt wurde, ist schon sehr viel wert. Insgesamt könnte das Studium mehr "Vision" vertragen - also den Studierenden besser vermitteln, wie sie innovativ arbeiten können und wie sich selbst besser vermarkten, sodass sie - gerade als Freiberufler:innen - sich im Markt besser durchschlagen können.“
Ein wichtiger Schritt, um Vermittlung dieser Fähigkeiten stärker in das Studium einzubinden, ist bereits getan: Zum Wintersemester 2022/23 wurden die Inhalte der Medienökonomie-Lehrveranstaltungen angepasst: Darin befassen sich die Seminare mit ökonomischen Aspekten journalistischer Berufstätigkeit im Kontext des fundamentalen dynamischen Wandels, den die Digitalisierung und Plattformisierung der Medien bewirkt. Hierbei sollen insbesondere auch wirtschaftliche Aspekte freiberuflicher journalistischer Tätigkeit sowie des unternehmerischen Journalismus (entrepreneurial journalism) praktisch relevant thematisiert und erarbeitet werden. Auch die Vermittlung digitaler Kompetenzen wurde bereist verstärkt. Im neuen Modul „Innovative Arbeitsfelder im Journalismus“ können sich Studierende beispielsweise mit Innovationsmanagement und der Entwicklung digitaler Formate beschäftigen.
Insgesamt zeigt die Untersuchung, dass Absolvent:innen des Studiengangs BA Journalistik gute Chancen auf einen zukunftsfähigen Arbeitsplatz im Journalismus haben. Eine erneute Absolvent:innen-Befragung in einigen Jahren wäre besonders spannend, um die Veränderungen des Studiengangs durch die neue Prüfungsordnung von 2022 zu untersuchen.
Paula Hammerschmidt studiert seit 2019 Journalistik und Politikwissenschaften an der TU Dortmund. Zurzeit absolviert sie ein Auslandssemester an der Universität Tartu in Estland. Im Herbst beginnt sie ihr studienintegriertes Volontärspraktikum bei Radio Lippewelle Hamm.